Traditionen
Im Laufe der Kulturgeschichte begannen die Menschen, die Hennapaste nicht mehr nur großflächig aufzutragen, sondern sich mit kunstvollen Ornamenten zu bemalen. Diese dienten zwar weiterhin der Kühlung, aber auch der bloßen Zierde und nicht zuletzt rituellen und magischen Zwecken.
Auch wenn die Kunst der Mehndi-Malerei im gesamten Orient bekannt war, entwickelte sich doch in jedem Kulturkreis eine eigenständige Form der Darstellung. In Marokko, dem Sudan, in Ägypten, Indien und Pakistan sind die Arten des Gebrauchs so verschieden wie die Kulturen selbst. Filigrane Ornamentik, magische Symbole, zeremonielle und rituelle Gestaltungen haben im Laufe der Zeit eine eigene Kunstgattung hervorgebracht. Doch nicht nur die Art der Muster unterscheidet sich je nach Kulturkreis, sondern auch die Körperstellen, auf die die Malereien aufgebracht werden.
Die an späterer Stelle aufgeführten Symbole aus traditionellen Mehndi-Ländern, aber auch aus anderen Kulturen, mögen dem Leser die Vielfalt der Möglichkeiten nur andeuten, die die Mehndi-Malerei mit sich bringt. Schließlich ist es nur zu verständlich und auch wichtig, dass sich in jedem Land langfristig eine eigene Mehndi-Kultur entwickelt. Genauso wie sich die Kunstwerke von Mehndi-Malern in Ägypten von denen im Sudan und in Indien unterscheiden, werden auch hier im Westen kulturspezifische neue Formen entstehen. Denn jede Kultur hat ihre eigenen Symbole und wird ihren eigenen schöpferischen Ausdruck finden.
Mehndi in Indien
In Indien baut man Henna auf riesigen Plantagen an. Die Blätter des Strauches werden während der Blütezeit geerntet. Die jüngsten Sprosse, die die größte Färbekraft haben, werden getrennt von den anderen gesammelt. Sie dienen vor allen Dingen zum Färben der Haut. Die älteren Blätter besitzen dagegen weniger Färbewirkung und werden wie die Stängel für Shampoos und Haarfärbemittel verwendet.
Noch heute schmückt man sich in Indien für religiöse Zeremonien mit Hennamalereien. Die bekanntesten Beispiele sind Hochzeiten und "Diwale", das hinduistische Neujahr. Zwei Tage vor der Hochzeit beginnt das Mehndi-Ritual. Alle Frauen kommen zusammen und verbringen die Tage singend und lachend miteinander, während die Braut angemalt wird. Das Ritual dient nicht alleine der Verschönerung der Haut, sondern hat auch eine ganz wichtige soziale Komponente.
Das Bemalen der Hände, Unterarme, Füße, Schienbeine und Waden dauert wenigstens sieben bis acht Stunden. Hinzu kommt die Zeit der Nachbehandlung, die ebenfalls mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann.
Die ausgewählten Symbole sollen Braut und Bräutigam schützen, die Fruchtbarkeit fördern und dazu beitragen, dass die Ehe liebevoll und glücklich wird. Bei manchen Hochzeitszeremonien wird auch der Name des Bräutigams in die Zeichnung eingemalt. Die Trauung darf dann nicht eher stattfinden, bis die Braut die Buchstaben im Mehndi gefunden hat.
Der indische Glaube besagt, dass die Liebe zwischen den Eheleuten um so tiefer und dauernder wird, je dunkler die Farbe auf der Haut sichtbar ist und je länger sie hält.
m die Haltbarkeit der Malereien zu gewährleisten, ist die Braut deshalb in den Wochen nach der Hochzeit von allen häuslichen Arbeiten befreit. In Anbetracht der Tatsache, dass die Farbe bis zu sechs Wochen sichtbar bleiben kann, eine für die junge Hausfrau sehr angenehme Tradition.
Mehndi im Islam
Im Gegensatz zu den Körperbemalungen im größtenteils hinduistischen Indien, dürfen im Islam keine Lebewesen, also weder Tiere noch Menschen, abgebildet werden. Auch verzichten die islamischen Frauen darauf, wie die Inderinnen ihre Arme und Schienbeine mit prächtigen Hennamalereien zu schmücken. Die vorwiegend auf Hände und Füße aufgetragenen Muster sind weniger floral als abstrakt-geometrisch. Nicht in allen islamischen Staaten hat sich die Mehndi-Tradition jedoch bis in die Gegenwart bewahrt. Im Iran beispielsweise ist die alte Kunst beinahe völlig in Vergessenheit geraten. In anderen Ländern wie Marokko, Ägypten und dem Sudan lebt der Mehndi-Kult dagegen auch heute noch fort.
Auch in der Türkei schmücken die Frauen zur Hochzeit ihre Hände noch immer mit Henna. Allerdings sind die türkischen Mehndis weitaus weniger filigran als die der Frauen in Marokko oder dem mittleren Osten. Die einfachen Muster werden der Braut mit den Fingern auf die Hände gemalt. Oftmals soll sogar lediglich ein dicker Punkt auf den Handflächen der Braut Glück und Erfüllung bringen.
In Marokko kann man beinahe an jeder Straßenecke getrocknete Hennablätter und Hennapulver kaufen. Dennoch bemalen sich die marokkanischen Frauen heute fast nur noch zu großen Anlässen wie Hochzeiten und anderen wichtigen Zeremonien. Das liegt vor allen Dingen daran, dass auch in Nordafrika die neue Zeit Einzug gehalten hat. Den meisten Frauen fehlt einfach die Zeit, ihre Haut mit aufwändigen und langwierigen Malereien verzieren zu lassen. Der Abschied aus dem Junggesellenleben wird jedoch mit einer prächtigen Hennazeremonie gefeiert - und zwar nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern.
Die Nacht bevor die Braut ins Haus ihres zukünftigen Ehemannes gebracht wird, wird in Marokko unter anderem "al-lailat al-henna", "die Hennanacht", genannt. Frauen und Männer treffen sich getrennt voneinander und bemalen Braut und Bräutigam. Im Haus des Bräutigams findet ein großes Fest statt, zu dem die Familie und Freunde des Mannes, Nachbarn und Musikanten eingeladen sind.
Der Bräutigam selbst ist als Sultan verkleidet, seine engsten Freunde als seine Minister. Gemeinsam stolzieren sie mit den Musikern durch das Dorf. Zurück im Haus des Bräutigams bringt die Brautmutter ihnen eine Schale mit Hennapulver, ein Ei, eine Flasche Wasser und vier Kerzen. Dann werden die Kerzen angezündet und die Hennapaste präpariert. Der beste Maler in der Gruppe bemalt zuerst die Hände des Bräutigams, anschließend seine eigenen. Ist er damit fertig, stellt er die Kerzen in die Hennaschale und nun tanzen alle Junggesellen abwechselnd mit der Schüssel auf dem Kopf vor dem Bräutigam. Der letzte Tänzer schließlich lässt die Schüssel auf den Boden fallen, um auch die letzten bösen Geister zu vertreiben.
Quellle: http://www.hennapaste.de
LG NICOLE * نيكول *